Projektinformationen: Bericht von Carole Collaud, 1. Teil
Carole Collaud berichtet von ihrem sechsmonatigen Bolivien-Aufenthalt.
Reise nach Südamerika
Am Anfang wollte ich ein paar Wochen in Bolivien und Peru verbringen, mein Spanisch verbessern und ein wenig reisen. Doch was kam heraus: sechs Monate Lateinamerika, viele Begegnungen mit Gehörlosen und zuletzt das Erlernen der bolivianischen Gebärdensprache!
Ich landete in La Paz, der höchsten Hauptstadt der Welt, zwischen 3800 und 4200 müM. Etwas überrascht vom Sauerstoffmangel und von der Kälte (die Häuser haben keine Heizungen) ging ich schnell weiter nach Cochabamba (2400 müM), mehr im Osten, mit milderem Klima, das besser geeignet ist für eine kleine Schweizerin. Ich hatte Glück: an der Universität begann gerade ein Kurs von zwei Wochen, Thema: ‹Die Kunst des Übersetzen›. Genau das, was ich brauchte, denn ich fühle mich sehr angezogen vom Bereich der Übersetzung und der Erziehung gehörloser Kinder. Ich schrieb mich sofort für den Kurs ein, ich war neugierig zu erfahren, wie die Dolmetscher in diesem Land arbeiten. Die Kurse waren auf Spanisch, ein ausgezeichneter Dolmetscher aus Brasilien, Marco Arriens, war Lehrer.
Im Kursprogramm: Gehörlosenkultur, zwei Kulturen, Zweisprachigkeit, Erziehung für junge Gehörlose, Gesichts- und Körpersprache, Tanz, Theater und natürlich Übersetzen, Übersetzung von Gedichten, Sprachkunde, Ethik usw. Ein sehr gefüllter und lehrreicher Kurs für ein südamerikanisches Land ohne eigentliche Dolmetscherschulen und - Ausbildungen. Während dieser zwei Wochen lernte ich viele interessante Leute kennen, bekam direkten Kontakt mit südamerikanischen Gehörlosen, Schuldirektoren und Lehrern. Und vor allem…alle haben mich eingeladen, ihre Schulen zu besuchen. Ich nahm sie alle beim Wort!
Die ersten Begegnungen mit gehörlosen Erwachsenen
Bevor ich die Schulen besuchte, wollte ich die bolivianische Gebärdensprache besser lernen. Sie ist ganz anders als die französische Gebärdensprache (LSF). Darum lebte ich zuerst bei einer gehörlosen Familie.
Die Anfänge waren lustig und überraschend zugleich: ich verwechselte ‹bitte› mit ‹Geburtstag›, ‹französisch› mit ‹weiss› und ‹Schokolade› mit ‹Zug›!
Nach kurzer Zeit kannte ich genug Gebärden, um mich durchzuschlagen und die Gehörlosen des Landes zu besuchen. Also machte ich mich auf den weg, ganz allein, nur mit dem Rucksack am Rücken (der schwerer war als ich selber!).
In Bolivien gibt es ungefähr 25 Schulen für gehörlose Kinder. In diesen sechs Monaten habe ich sieben davon besucht, zwei in Cochabamba, eine in Puntata, zwei in Santa Cruz, eine in Trinidad und vor allem diejenige von Riberalta, im Norden im Amazonasgebiet. Die Erziehung ist sehr unterschiedlich, je nach Ort und Lehrer. Die Hälfte der Schulen ist religiös. Die hörenden Lehrer haben oft kein grosses Interesse an der Gebärdensprache! Eines Tages musste ich meine Tränen zurückhalten: in einer Schule mit hörenden Lehrern sah ich die Oberlehrerin ein gehörloses Kind auf den Kopf schlagen und anbrüllen: «ESCUCHA…Y HABLA…!» («hör zu…und sprich…»).
Ihr habt sehr gut verstanden, viele Schulen sind streng oralistisch, und Gebärdensprache ist immer noch ein Tabu und streng verboten.
Besonders berührt haben mich zwei Schulen:
Die erste war diejenige in Puntata, 50 km von Cochabamba entfernt.
Zuletzt besuchte ich die Schule in Riberalta. Ich hatte von dieser Schule gehört, als Andreas Kolb am Fernsehen darüber berichtet hatte. (Das waren die Sendungen ‹Signes› am Westschweizer Fernsehen im Herbst 2000 und Frühling 2001).
Die Gehörlosenschulen in Bolivien
Die Gehörlosenschulen von Sucre, Santa Cruz und Trinidad haben alle etwa 50 gehörlose Schüler. Sie werden mit einer Kommunikationsform unterreichtet, die ähnlich unserem ‹gebärdeten Französisch› (‹français signé›) ist. Die Kinder leiden viel. Sie werden nicht verstanden, verstehen selber auch nicht viel und sind schwer erziehbar. Leider musste ich auch feststellen, dass die hörenden Lehrer kein grosses Interesse zeigen, mit diesen speziellen Menschen zu arbeiten. Gehörlose Lehrer sind sehr selten, es hat null bis zwei davon pro Schule. Die hörenden Lehrer akzeptieren sie nicht.
In Riberalta fand ich zum Glück eine ganz andere Situation. Mit einem gehörlosen Direktor ist das eine Traumschule für gehörlose Kinder! Ich hörte Eltern von mehreren Schülern sagen, der Direktor sei wie ein zweiter Vater für ihr Kind. Leider respektieren seine hörenden Lehrer ihn nicht immer genug. Da braucht er oft viel Geduld….
Die Gehörlosenschule In Riberalta
Riberalta ist eine Stadt mit 70 000 Einwohnern im Departement Beni, im Norden des Landes, mitten im Amazonasgebiet. Zwischen Moskitos, Riesenschmetterlingen, Schildkröten, Papageien, Tukanen, Eidechsen, Skorpionen, Vipern und Tigern herrscht eine mittlere Temperatur von 30° Grad. Die Strassen sind nicht asphaltiert, auch der Flughafen nicht. Wenn man Pech hat und an einem Gewittertag ankommt, kann das Flugzeug wegen des Schlammes nicht landen und kehrt dorthin zurück, woher es gekommen ist. Dann wartet es auf ruhiges Wetter ohne Regen!
Es hat fast keine Autos, aber viele Motorrad-Taxis. Als ich dort war, von Mai bis Oktober, regnet es selten, aber wenn es regnet, ist alles blockiert voll Schlamm. Die Leute gehen dann nicht arbeiten, und die Kinder bleiben zu Hause. Wegen der Regenzeit ist die Schule von Mitte November bis Februar geschlossen. Wunderschöne tropische Bäume schmücken jeden Garten, wie Mango- Kokosnuss- Papaya- Orangen- und Bananenbäume. Alle Zimmerpflanzen dort unten wären bei uns Unkraut!
Geschichte der LSB (Bolivianische Gebärdensprache)
Vor 1932 gab es keine Spuren von bolivianischen Gebärden und keine Erziehung für gehörlose Kinder. Um diese Zeit soll es die erste Klasse in La Paz gegeben haben, in welcher gehörlose Kinder mit hörenden Kindern in die selbe Klasse kamen.
Erst 1973 begann sich die amerikanische Gebärdensprache (ASL) zu verbreiten, als Roberto und Norah Powlison mit Catalina Sinclair (christliche Missionare aus den USA) einwanderten und die ‹totale Kommunikation› einführten (= darunter versteht man den gleichzeitigen Gebrauch aller Kommunikationsformen, Gebärden, Fingeralphabet und Lautsprache miteinander).
1990 unterrichteten die Lehrer immer noch in ‹totaler Kommunikation›.
1992 kam das erste Buch über die LSB heraus, dank Miguel Angel Larrazabal (Spanien) und Raymond Bradley (USA) und einer Unterstützung durch die UNICEF. 90% der Gebärden waren aber ASL.
1998 wurde das CILS gegründet (Comite Internacional de la Lengua de Senas).
2001 Gründung der AILSB (Vereinigung der Dolmetscher für bolivianische Gebärdensprache).
2002: erste CD-Rom!
Es gibt keine diplomierten Dolmetscher in Bolivien, Nur zwei Personen, die jahrelang mit Gehörlosen gearbeitet haben, helfen als Dolmetscher in gebärdetem Spanisch: Miguel Angel Larrazabal in La Paz und Rebecca Powlison in Cochabamba.
Andere Personen, die das gebärdete Spanisch können, springen manchmal als ‹Dolmetscher› ein, aber viele Gehörlose brauchen diese Leute nicht, weil sie nichts verstehen, und probieren, mehr abzulesen.
Dank der CILS verbreitet sich die Gebärdensprache mehr und mehr in Bolivien, mit der Hoffnung, dass es eines Tages richtige Dolmetscher geben wird.
Vor kurzem kamen zwei gehörlose Fachleute von der CILS auf Wunsch von Andreas Kolb nach Riberalta und unterrichteten LSB für die Eltern und andere interessierte Hörende. Es war ein voller Erfolg, gab es doch über 40 Anmeldungen. Leider waren aber nur zwei Eltern von Schülern darunter! Ich konnte selber auch teilnehmen und die Abschlussprüfung machen.
Geschichte der Schule Riberalta
Unter dem Namen ‹Logos› gab es seit 1979 eine erste Gehörlosenschule in Riberalta mit Unterricht in ASL. Da die zwei einzigen hörenden Leiterinnen, eine Amerikanerin und eine Holländerin, wegzogen, war die Schule von 1993 bis 1997 geschlossen. Unter dem Schweizer Andreas Kolb und mit dem Namen ‹Centro de Sordos Arca Maranatha› öffnete die Schule am 1. Juni 1998 wieder. Dieses Jahr wird sie also ihren 5. Geburtstag feiern!
Organisation der Gehörlosenschule in Riberalta
Die Schule funktioniert dank der Unterstützung von privaten Organisationen, der Christlichen Gehörlosengemeinschaft der Schweiz CGG, der Christoffel Blindenmission CBM und der CESBO (bolivianischer Sonderschul-Verband). Das Centro bietet Schulunterricht auf verschiedenen Stufen an: Kindergarten, Primarschule und Integration in normale Schulen. Sie hat heute 35 Schüler, seit 2002 auch Erwachsene.
Das Centro ist der einzige Ort in Riberalta, wo Gehörlose eine Erziehung bekommen oder sich treffen können. Die Schule ist von Februar bis November. Die Eltern sollten jeden Monat eine kleine Gebühr von 20 Bolivianos bezahlen. Die Schule offeriert ‹Zvieri› und Getränke (nicht vergessen, in Riberalta ist es das ganze Jahr 30 Grad heiss, das macht Durst!), Schuluniform, Schulmaterial, medizinische Versorgung und Taxidienste. Sie ist Vor- und Nachmittag offen. Am Vormittag kommen die jüngeren Kinder, am Nachmittag die Erwachsenen. Die Schüler kommen rund 20 Minuten vor Schulbeginn und erhalten eine Tasse Kakao. Ausgenommen Pura, die schon morgens um 6.50 Uhr auf die Türöffnung wartet! Um 8 Uhr beginnt die Schule mit einem Gebet und einem Bibelvers, dann dauern die Lektionen bis 12 Uhr. Dann folgt nochmals ein Gebet, bevor man nach Hause geht.
An monatlichen Sitzungen bietet das ‹Arca› Gebärdenkurse für die Eltern an. Vor kurzem wurde der ‹Club Arca› gegründet, der den jungen und weniger jungen Gehörlosen und auch Hörenden Gelegenheit bietet, sich zu treffen, zu plaudern, diskutieren, austauschen, einen Film anzuschauen, Spielabende und Lottos zu spielen. Präsident ist der junge Ricky, 17, der davon träumt, einen Verein in Riberalta zu gründen.

Lehrerin Fanny Pérez, Carole Colalud und Ricky Chavez (Präsident des Clubs «Arca»
Die Lehrer
Sara Kolb Mendoza Sanchez, gehörlos, unterrichtet vier Kinder von 5 bis 9 Jahren im Kindergarten: Rechnen, Alphabetisierung (= schreiben lernen) und Basteln.
Fanny Perez, gehörlos, unterrichtet sieben Kinder von 8 bis 12 Jahren. Fünf davon haben Kenntnisse der ersten, zwei der 2. Primarklasse. Unterrichtet werden viel Wortschatz in LSB, Spanisch, Rechnen, Handarbeiten, Turnen, Wissenschaften, Religion, Gehörlosenkultur und Zeichnen. Für Handarbeit und Turnen sind die Gehörlosen in die Schule Maranatha gleich neben dem Centro integriert. Wenn Theorie unterrichtet wird, hilft meist eine Person dolmetschen.
Antonio Olmos Tibubay, hörend, unterrichtet sechs Schüler von 12 bis 14 Jahren, auf der Stufe der 3. Primarklasse, mit den selben Fächern wie Fanny.
Patricia Moreno Alvarez, hörend, unterrichtet sechs Schüler von 13 bis 17 Jahren in Handarbeiten, Kochen, Nähen.

Carole Collaud und Sara Kolb
Nachmittags von 15 bis 18 Uhr unterrichtet Fanny seit einem Jahr eine Gruppe vom 5 Jugendlichen von 14 bis 23 Jahren, die früher nie zur Schule gehen konnten. Vor allem Alphabetisierung, LSB, Wortschatz und Rechnen. Patricia unterrichtet das selbe Programm wie am Vormittag für 4 Erwachsene, die nie zur Schule gegangen sind, um ihnen eine soziale Unabhängigkeit zu ermöglichen.
Delmira de Nunez ist Lehrerin im ‹Arca›und Dolmetscherin im ‹Cetha› (Schule für Hörende). Sie unterrichtet 6 Junge. An 2 Nachmittagen im Monat werden sie integriert, die restliche Zeit wiederholen sie in aller Ruhe das Programm der Cetha.
Die Schüler der 1. bis 3. Klasse sind für Turnen und Handarbeiten 2 Mal in der Woche mit den Hörenden der Schule Maranatha von nebenan zusammen.
Im Centro arbeiten noch Emelina Hurdato Riguera, Sekretärin seit einem Jahr, und Mirjam Weber als Logopädin.
Beby Mercado Meo hilft bei der Kommunikation und springt ein, wenn ein Lehrer krank ist.
Die Familie Ricardo und Jesubina Curena Huacama lebt im angebauten Haus. Sie besorgen die Abwartsarbeiten, putzen und schauen für Ordnung. Ricardo stellt sich ausserdem als Taxichauffeur viermal pro Tag zur Verfügung, um Kinder abzuholen und zurückzubringen.
Projekte
Für 2003: Für die Erwachsenen am Vormittag frei, nachmittags Sprachunterricht, zweimal in der Woche Integration im Cetha, damit sie in drei Jahren ein Zertifikat erhalten. Für die Jungen jede Woche ein Tag Integration in einem Bildungszentrum mit Hörenden für ein Zertifikat, z.B. Schreinerei, Elektriker, Mechaniker, Nähen, Kochen. Die Schüler der 2. und 3. Klasse sollen zukünftig am Mittag in der Schule bleiben und zusammen essen. Viele wohnen weit weg und sind während der ganzen Mittagspause auf dem Heimweg. Eine Person wird für die Küche angestellt, wahrscheinlich jemand von den Eltern.
Für die Zukunft
- 1) Internat und/oder Pflegefamilie für Kinder vom Land
- 2) Kiosk eröffnen, in dem die erwachsenen Gehörlosen arbeiten könnten, um Handarbeiten oder gekochte Speisen zu verkaufen.
- 3) Fahrräder beschaffen für Kinder, die weit weg wohnen.
Das Wichtigste für den Direktor: die Schule soll weiter laufen können. Später einmal sollte ein neuer Verantwortlicher, wenn möglich ein bolivianischer Gehörloser, die Führung übernehmen. Das hörende Personal sollten offener werden für die Gehörlosenkultur, Respekt, Vertrauen und Geduld lernen, damit die Gehörlosen, welche die Schule beenden, selber LSB, Religion und Handarbeiten unterrichten können.
Situation der Schüler
Riberalta ist eine arme Stadt. Sehr oft müssen die Kinder arbeiten, um die Eltern zu unterstützen.
Pura, 14, 2. von zehn Kindern, arbeitet jeden Nachmittag in eine öffentlichen Kleiderwäscherei.
Adrian, 14, verkauft Glace auf dem Markt.
Silfredo, Kety, Walberto und Maria, alle 14, sind am Nachmittag auf dem Land, um Nüsse zu sammeln.
Daniel, 18, konnte seine Schule nicht beenden, kann nicht lesen und schreiben und hat weniger Glück gehabt. Ältestes von sechs Kindern, von denen das jüngste noch kein Jahr alt ist, kommt er nicht mehr zur Schule. Seine Mutter wurde krank, und er muss sie ersetzen. Jeden Morgen ist er um 3 Uhr an der Arbeit bis 12, oft bis 15 Uhr. Danach ist er zu müde für die Schule.

Carole und drei gehörlose Mädchen
Ich hatte das Vorrecht und das Glück, während mehr als zehn Wochen in einer gehörlosen Familie zu leben. Das war eine sehr reiche und oft auch lustige Erfahrung! Vor allem am Anfang, als ich noch LSB und LSF miteinander verwechselte.
‹Arca› das ist:
- ein offener Direktor mit viel Humor: Bravo, Andreas, für Deinen Einsatz!
- Sara, die mit ihrer Reife und ihrem Mitfühlen die täglichen Probleme löst und auch die traurigsten zu trösten vermag
- Ricky, Yerson und Giovana, ‹meine› drei Schüler, die viel Verlangen nach Lernen und Kommunizieren haben
- Giovana, die für einige der Lehrer eine schlechte und sture Schülerin ist, mir aber am Ende des Aufenthalts ein schönes Dankesgeschenk überreicht hat
- Donnerstagabende mit dem Klub Arca, mit Gehörlosen und Hörenden, Diskussionen, Spielabenden, Filmen, Lottos
- Eltern, die ihren Kindern nicht immer gern helfen
- Ein Direktor, der die Bedürfnisse seiner Schüler kennt
- der ebenso gut Basket spielen, auf dem Computer arbeiten oder einen Jugendlichen auf den richtigen Weg zurückweisen kann
- die Kohlblätter voller Flöhe
- Lizet, die dir um an den Hals springt
- Perla, die reservierte und stille
- Die grosszügige Familie Kolb
- Die zärtliche Kety
- Kinder, die früher als ihre Eltern lesen und schreiben lernen
- Vor und nach der Schule in LSB beten
- 3x8 = 16…ach nein, nochmals!
- Unvergessliche Feiertage, welche den Alltag aufhellen
- Keine langweilige Routine
- Ricky, mit seinen 17 Jahren stolz, Präsident des Vereins Arca zu sein
- Das Lächeln der Kinder, die man nie vergessen wird
- Knaben und Mädchen in Schuluniform
- Die Nationalhymne in Gebärdensprache jeden Montag Morgen
- Junge und motivierte Gehörlose, die am Samstag freiwillig Andreas helfen kommen
- Das freudige und ansteckende Lachen von Jesus
- Jugendliche, die leider nicht immer verständnisvolle Eltern haben, die ihnen mit dem Augen ‹zuhören›
- Sonnenaufgänge um 6 Uhr morgens, die für eine gute Stimmung während des ganzen Tags sorgen
- Rosa- bis tiefrote Sonnenuntergänge, die träumen lassen
- Der tiefe Blick von Sara, die deine tiefsten Gedanken errät
- Riberaltanische Küche mit Kartoffeln, Reis, Poulet und gekochten Bananen
- Eine LSB in ständiger Entwicklung

Auf dem Töff: Carole (hinten) mit Emelina (Sekretärin) und Familie
Riberalta, das ist:
- ein Dorf mit 70 000 Einwohnern
- Strassen aus roter Erde, Mango- Bananen- Kokosnussbäume und Hibiskusse in jedem Garten
- Tag und Nacht farbige Schmetterlinge, so gross wie eine Hand
- Vier Computer in der Stadt, die Internet-Anschluss haben – von 18 bis 21 Uhr und nur, wenn es Strom hat
- Kleider mit Seife und Bürste waschen
- Häuser aus Holz und Erde, mit einem Strohdach, das man alle fünf Jahre erneuern muss
- Eine Stadt ohne Autos, wo Motorräder die Taxis sind
- Ein Strassenverkäufer, der dich mit einer Hupe aus den 50-iger Jahren weckt und auf seinem Fahrrad einen Korb voll heisser Brötchen trägt
Und zum Schluss noch eine Anekdote (kleine, lustige Geschichte)
Eines Tages erlitt Fanny einen Unfall und konnte nicht unterrichten. Zehn Minuten vor Schulbeginn bittet sie mich, ihre Klasse zu übernehmen. Das mache ich gern, es wird halt ein bisschen improvisiert (nicht vorbereitet), aber in Bolivien ist das normal. ‹Bueno› (= gut), erklärt mir Fanny, mit drei Gebärden zur gleichen Zeit: «von 8 bis 9.30 ist Rechnen, du wirst sehen, alles ist in der Schublade bereit, von 9.30 bis zur Pause ist Turnen, du wirst sehen, es ist einfach, sie gehen zur Schule Maranatha nebenan, nach der Pause ist Handarbeiten, fahr einfach mit den Blumenzöpfen weiter.»
Also beginnen wir mit Rechnen. Der Haken ist nur, dass alle ein ganz unterschiedliches Niveau haben. Gar nicht einfach, oft muss ich wiederholen…die Turnstunde naht. Ich schicke die Kinder zur Schule Maranatha. Ich sage ihnen, sie sollen selber gehen, es sind ja nur drei Schritte…sie schauen mich komisch an…Ich frage sie, ob Fanny sie immer begleitet? Ja, ja! Also gut, gehen wir zusammen hinüber. Die schnellsten rennen und klettern auf die Bäume wie Affen und pflücken Blumen, die sie mir ins Haar stecken. Ich komme verkleidet wie ein Clown in die Maranatha-Schule. Nun, wo sind denn die Hörenden? Verspätet? Und wieder schauen mich die Gehörlosen mit ihren grossen schwarzen Augen an: nein, die Hörenden kommen nicht! Wie bitte??? Aber dann holen wir sie doch?! Nein, nein, sie kommen nicht, es kommen nur die Gehörlosen…und ich frage sie: wer ist denn Lehrer? Schluck…ich begreife schnell, dass ich mich noch in eine Turnlehrerin verwandeln muss. Draussen sind es 37° Grad, ganz ideal zum Turnen…
Carole Collaud
Es bleibt nur eins: wir danken Carole Collaud ganz herzlich für ihren Bericht, aber vor allem auch für ihren grossen und freiwilligen Einsatz während zehn Wochen auf unserem Centro Arca in Riberalta!
Siehe auch Carole Collaud 2. Teil
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