Christliche Gehörlosen-Gemeinschaft

CGG Schweiz

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Auferstehungsfreizeit in Aeschi vom 21. bis 25. April 2011

Zwei Hörende Frauen erzählen von der Freizeit.

Anmerkung der Redaktion: In Aeschi waren dieses Jahr zwei hörende Frauen dabei. Für sie war es das erste Lager mit Gehörlosen und Schwerhörigen. Deshalb wollten wir von ihnen erfahren, wie die vier Tage für sie waren:

Cornelia schreibt

Donnerstag

Bei strahlendem Sonnenschein reise ich ins Berner Oberland. Was habe ich vor? Ich habe mich angemeldet zur CGG-Freizeit und freue mich riesig. Seit einem Jahr lerne ich die Deutschschweizer-Gebärdensprache (DSGS) und habe einige Male die CGG in St. Gallen besucht.

In Spiez mache ich im Bus Bekanntschaft mit Tamara und Sharmila, zwei gehörlosen Frauen, die ebenfalls zur CGG-Freizeit reisen. Sie kennen den Weg, und so treffen wir zu dritt im Jugendhaus des EGW in Aeschi ein.

Wir werden freundlich begrüsst von den bereits Angekommenen und den Organisatorinnen Mirjam und Martina. Zu meiner Überraschung bekomme ich ein Einzelzimmer! Das Haus ist holzig und gemütlich. Als ich den Zeitplan studiere, bemerke ich die langen Essenszeiten (jeweils eine Stunde). Beim Essen merke ich dann schnell, dass es eben Zeit braucht, wenn man einander etwas erzählen will. Man kann nicht essen und reden. Man isst oder man spricht. Sobald ich wegschaue, ist die Kommunikation mit meinem Gegenüber unterbrochen. Ausserdem braucht man die Hände zum Reden.

Werde ich überhaupt etwas verstehen? Ausser einigen von der CGG St. Gallen kenne ich die Teilnehmer nicht. Aber ich fühle mich von Anfang an willkommen und angenommen. Ich bin nicht die einzige Hörende, und ausserdem sind noch zwei hörende Kinder da. Die ganze Gemeinschaft (ca. 30 Leute) erlebe ich als freundlich, liebevoll, geduldig, fröhlich und dankbar.

Am ersten Abend bekommen wir verschiedene Informationen, u.a. auch zur Gruppeneinteilung und zum Ämtliplan. Aha, da wird zusammen gearbeitet: Tisch decken, abräumen, Küche machen. Auch wenn ich Vieles nicht verstehe, schaue ich einfach fasziniert auf dieses Spiel von Gebärden und Mimik. Den Kopf voller Eindrücke, sinke ich müde ins Bett … und träume von tanzenden Händen!

Freitag

Am nächsten Morgen um 07.30 Uhr treffen sich ein paar wenige zum Gebet. Auch da schaue ich einfach nur zu und versuche, so viel wie möglich zu verstehen. Der Glaube an Jesus Christus verbindet sofort.

Nach dem Frühstück bleibt noch genug Zeit, um die Morgensonne zu geniessen. Dann treffen wir uns alle, um ein paar Lieder in Gebärdensprache zu singen und anschliessend dem Vortrag von Hans-Holger Miebach zu folgen. Sein Thema: «Gesetz oder Gnade». Hoppla, denke ich, das wird anspruchsvoll. Und tatsächlich: Über eine Stunde spricht der Referent in Gebärdensprache und dokumentiert seinen Vortrag mit PowerPoint. Ich staune über die Ausdauer des Redners, aber auch der Zuschauer. Das ist Konzentration pur! Nach einer kurzen Pause treffen wir uns in unseren Gruppen und beantworten bzw. vertiefen Fragen zum Thema. Dazu brauchen wir die Bibel.

Schon ist der Morgen vorbei, und wir bekommen ein feines Mittagessen. Der Nachmittag lädt ein zum Spazieren und die wunderschöne Gegend zu geniessen. Das mache ich dann auch mit Jannick und Marek. Unterwegs treffen wir andere Leute, finden ein Trampolin und verbringen eine fröhliche Zeit.

Am Abend beschenkt uns Hans-Holger mit einem hochinteressanten Vortrag zum Thema Schöpfung. Wenn man diese Informationen über unsere Erde, unsere Galaxie und das Universum bedenkt, kann man die Evolution wirklich nicht (mehr) in Betracht ziehen. Nein, da ist eine unbeschreibliche Intelligenz am Werk, das ist hoffentlich allen klar! Zu meiner Freude verstehe ich schon wesentlich mehr und kann dem Vortrag des Redners weitgehend folgen.

Dankbar stelle ich fest, dass ich mich absolut wohl fühle in der Gemeinschaft der Gehörlosen.

Samstag

Der Samstag beginnt wieder ähnlich wie am Freitag: Gebet, Frühstück, Singen, Vortrag und dann Gespräch in den Gruppen. Am Mittag liegen feine Sandwiches bereit zum Einpacken. Wir machen einen Ausflug an den Blausee. Der Ort Blausee liegt zwischen Kandersteg und Frutigen. Zeit ist Luxus, und den geniessen wir! Wir können spazieren, plaudern, staunen, ausruhen, Fischzucht besichtigen, um den Blausee wandern, Boot fahren, Eis essen, Kaffee trinken, spielen…! Selbstverständlich sind auch Josef Schmid und seine Frau Irene dabei. Sie kann weder sehen noch hören. Alle Informationen bekommt sie in die Hand geschrieben. Diese Schrift nennt man Lormen (abgeleitet vom Erfinder Hyeronimus Lorm). Das finde ich besonders schön, wenn auch Taubblinde dabei sind und in die Gemeinschaft integriert werden.

Nach dem Abendessen haben wir einen freien Abend. Kein Programm-Stress, sondern einfach Zeit, um miteinander zu plaudern. Das ist auch sehr wichtig. Zuerst bin ich am Plaudern mit anderen, doch dann wechsle ich den Platz und sitze zwischen Jörg und Josef. Während den nächsten zwei Stunden bemühe ich mich, etwas von dem Gespräch zu erhaschen, aber von Jörg verstehe ich kein Wort. Was ist los? Ich will nicht aufgeben und konzentriere mich, aber vergeblich. Okay, eine weitere interessante Erfahrung für mich. Jeder hat seinen eigenen Stil, zu gebärden. So, wie jeder seine eigene Stimme hat.

Sonntag

Sonntag, Auferstehungstag: unsere Gruppe hat Ämtli, das Frühstück bereit zu stellen und die Tische zu decken. Es ist gut, miteinander eine Aufgabe zu haben und damit der ganzen Gruppe zu dienen.

Die Vorträge von Hans-Holger erinnern mich an eine Kurz-Bibelschule. Ich finde, er erklärt das Thema «Gesetz und Gnade» sehr gründlich und verdeutlicht seine Ausführungen mit PowerPoint. Er erklärt, was das Gesetz ist und wozu es gegeben wurde. Er erklärt aber auch, warum wir heute unter Gnade leben und nicht mehr unter Gesetz. Schematisch gut dargestellt, verdeutlicht er die Unterschiede zwischen Gesetz und Gnade. Viele Bibelstellen zeigen, dass wir allein durch Gottes Gnade errettet werden, durch den Glauben an Jesus Christus. Wenn wir dieses Geschenk der Gnade durch Glauben an Jesus Christus annehmen, kann Gottes Geist in uns wirken und Frucht bringen. Ich bin beeindruckt, mit welcher Deutlichkeit und Ernsthaftigkeit dieses Thema behandelt wird. Möge Gott an den Herzen der Einzelnen wirken!

Nach dem Mittagessen haben wir einen freien Nachmittag. Die Zeit wird genutzt für Gespräche, kleine Ausflüge, wandern, Spiel und Spass im Hallenbad, lesen, ausruhen, … oder sonst etwas. Es ist warm, die Blumen leuchten in allen Farben, der Wind streicht sanft über die Wiesen, es ist einfach wunderschön! Ich gehe allein spazieren und brauche Gottes Nähe, um meine Eindrücke mit IHM zu besprechen.

Nach dem Abendessen gibt es einen Abschluss-Abend. Ein paar Informationen, dann ein kurzer Film dieser Tage und ein Quiz von Josef und Irene über die Namen von Blumen. Das ist lustig und alle können mitmachen. Einmal mehr staune ich über die gute Atmosphäre, die ruhige Bescheidenheit.

Ich hoffe, dass alle Teilnehmer die Freizeit so positiv erlebt haben wie ich! :-) Allen Teilnehmern danke ich ganz herzlich für ihre Freundlichkeit und Geduld mit mir.

Jedem hörenden Interessierten wünsche ich, solch eine CGG-Freizeit erleben zu können.

Und jedem Gehörlosen und Taubblinden wünsche ich, so in unsere Gemeinschaft der Hörenden integriert zu sein und sich dabei auch wohl zu fühlen.

Montag

Zum Abschluss der Freizeit reise ich mit Martina im Zug zurück in die Ostschweiz. Wir unterhalten uns mit guten Gesprächen – in Gebärdensprache. Ich freue mich schon sehr auf die nächste CGG-Freizeit, um hoffentlich alle wieder zu sehen. Bis dahin übe ich fleissig…

Cornelia

Nun erzählt Anita

Aufgewachsen bin ich in Unterentfelden unterhalb des Landenhofs, einer Schule für Schwerhörige. Dank einer Schulfreundin, ihr Vater war Schulleiter, kam ich in den Genuss an verschiedenen Freizeitaktivitäten der SchülerInnen teilzunehmen.

Die Gebärdensprache faszinierte mich schon damals, und ich begegnete ihr wieder viele Jahre später im Gottesdienst der Pfimi Bern.

Vergangenen September ergriff ich die günstige Gelegenheit, um am Gebärdensprachkurs teilzunehmen, den Regula und Andreas v. K. leiteten.

Es gab viel Lernstoff, und ich übte mehr oder weniger fleissig anhand der Filmchen, die Regula in unzähligen Arbeitsstunden für uns gedreht hatte mit dem Ziel, später einmal im Gottesdienst die Einleitung und die Lieder zu übersetzen. Zudem spürte ich den Wunsch, der Gehörlosenarbeit etwas zurückzugeben, von dem was ich empfangen hatte. Ich bin überzeugt davon, dass es etwas vom Erfüllendsten ist, an einem Projekt mitarbeiten zu können, wo Reich Gottes gebaut wird.

So meldete ich mich für den Küchendienst in Aeschi.

Das Lagerhaus war wundeschön gelegen mit Blick auf Niesen und Thunersee. Eine grosszügig ausgestattete Küche erwartete mich mit Tim und Lisbeth, die bereits am Zubereiten des Mittagessens waren. Ich wurde herzlich empfangen und fand rasch meinen Platz im Team.

Unter der Regie von Chefkoch Tim arbeiteten wir uns fliessend in die Hände. Ich schätzte die unkomplizierte und pragmatische Arbeitsweise. Auch Lernsequenzen, wie z.B. der Anlegeordnung von Essiggurken in einem Sandwich durften nicht fehlen.

Beim Mittagessen lernte ich den Rest der Truppe kennen und wurde sofort in die Gemeinschaft der Gehörlosen miteinbezogen.

Serge war mir eine wertvolle Hilfe, meine Hemmungen zu Gebärden beiseite zu legen. Durch unser gemeinsames Hobby, den Laufsport fanden wir rasch Anknüpfungspunkte. So machte es Spass, Gebärdensprachkenntnisse aufzufrischen und zu vertiefen.

Als Outdoor-Mensch (jemand, der viel draussen ist) werden mir die zwei Ausflüge an den Blauseee und zum Pochtenfall im Suldtal in bester Erinnerung bleiben. Es schien mir, dass Gehörlose die Naturschönheiten intensiver beobachten und mich darauf aufmerksam machten.

Man buchstabierte mir mit viel Ausdauer ganze Wörter durch, wenn ich wieder einmal nur Bahnhof verstand, gell Gerhard. Dafür war es umso schöner, wenn auch ich den herrlichen Humor von Bruno verstand.

Zum Glück sind wir im Zeitalter von PowerPoint Präsentationen und so bekam auch ich Wesentliches mit von einem spannenden naturwissenschaftlichen Vortrag über die Erde in unserem Sonnensystem.

Ich bin erfüllt und motiviert für die Gebärden zurück ins Seeland gereist mit vielen schönen Erlebnissen und Begegnungen im Rucksack. Herzlichen Dank an Mirjam und Martina, die immer den Überblick behielten und diese Freizeit souverän leiteten.

Anita

Noch ein letztes Wort

Wieder waren viele treue Menschen hinter den Kulissen tätig, sorgten für ein schönes Lager. Allen voran Mirjam und Martina (Organisation), dann Tim und sein Team (Küche): vielen Dank!

Dieses Jahr fanden wir keine Kinderbetreuung. Trotzdem durften sich die Kinder wohl fühlen, dank lieben Geschwistern, die sich um sie kümmerten. Allen voran Sigi und Cornelia. Dani Fenner ging einmal mit ihnen ins Hallenbad! Vielen Dank!

Regula

Aus der Gemeinschaft Juli 2011